Relingsstütze ausgebrochen

sailhawk
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Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von sailhawk »

Hallo,
erst einmal möchte ich noch jedem im Forum ein gutes neues Jahr 2011 wünschen!

Bei der heutigen Inspektion meine Dehler 22 im Winterlager, habe ich feststellen müssen, dass eine der Relingsstützen ausgebrochen ist.

Hat jemand dieses Problem schon einmal selbst behoben?
Wer kann so etwas im Bereich des Ruhrgebietes reparieren?

Vielen Dank für eure Hilfe

Viele Grüße
Bo
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Uli
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Uli »

Hallo Sailhawk,
dies ist mir 2004 auch schon passiert, mein Sohn, damals 10 Jahre alt, meinte beim Anlegen mit Wind in Stärke 4-5 von der Seite, das Boot an der Spitze der Reeling vom Steg abhalten zu müssen. Dumm gelaufen. Dabei habe ich mich damals eigentlich darüber gefreut, dass mein 10 Jähriger die Situation mit dem Seitenwind gut eingeschätzt hat. Dass die Relingsstüzen ein gewisser Schwachpunkt bei Booten sind, wusste er ja nicht.

Damals ist das komplette Laminat aufgebrochen.

Was benötigt man zur Reparatur und wie habe ich es gemacht ?
1. Epoxid, 2. Glasfaser, 3. einen "Fein-Multimaster" oder ähnliches, gibt es inzwischen auch von Bosch für ein Drittel. 4. Gelcoat.
Kosten fürs Material keine 40 Euro, wenn man den Multimaster (ca 350 Euro) schon hat.
Arbeitszeit..... dass ist der Knackpunkt. Weil ich es perfekt haben wollte und keine nur kosmetische Reparatur durchführen wollte, gingen 5-6 Stunden in bestimmt 20 Sitzungen drauf.
Vorgehensweise:
Zunächst: bei mir war die Relingshalterung ausgebrochen, die an Backbord in Höhe der Hinterkante der Salonfenster steht.
Um die Reparatur zu verstehen, musst du wissen, wie die Relingsstange bei Dehler aufgebaut ist.
Dazu weiter unten einige Fotos, die leider schlecht sind, da ich damals eine grottenschlechte Kamera verwendet habe.

Die Relingsstangen sitzen auf einem Edelstahlbolzen, der in eine ca. 8 cm lange, 3-4 cm breite und 5 mm dicke Aluplatte reingeschraubt ist. Diese Aluplatte wird beim Bau des Bootes ins Süll einlaminiert. Danach wird vom Monteur ein ca 2 cm grosses Loch reingebohrt in welches ein Gewinde passend für den Bolzen reingeschnitten wird. Da die Laminatstärke am Süll leider nicht fingerdick ist, halten diese Halterungen leider nicht sonderlich. Bei mir kam noch erschwerend dazu, das der Monteur bei Dehler, der beim Bau des Bootes die Löcher in die Aluplatte gebohrt hat, leider die Platte nicht in der Mitte sondern am Rand getroffen hat. So hatte ich in der Platte, wie ich nach dem Rausschneiden feststellen musste, kein kreisrundes Gewinde mit ca 6-7 mm Restmaterial rechts und links sondern einseitig ein offenes Metallstück. Das kann natürlich unter Last nicht halten. Egal, das Boot ist Baujahr 1987, da konnte ich im Jahr 2004 keinen mehr zur Verantwortung heranziehen.
Ich vermute auch, dass das eigentliche Problem war, dass beim Laminieren des Decks die Halterungsplatte nicht exakt an passender Stelle positioniert wurde.
So nun aber zur Reparatur:
1. Im Salon die Schwalbennester über der Salonsitzbank ausbauen.
2. Die Innenschale im Salon mit dem Multimaster (mit Feinsägeaaufsatz) auftrennen um an die Position des Relingshalters heranzukommen. Dabei vorsichtig mit dem rausgeschnittenen Innenschalenteil umgehen, dieses muss zum Schluss der Reparatur wieder eingesetzt werden. (Da ich in meinem Boot geschlossene Schalbennester habe, sieht von der Naht nichts.)
3. MIthilfe des Multimasters und Feinsägeaufsatz von oben das defekte Laminat soweit auftrennen und entfernen, bis die Aluträgerplatte komplett herausgenommen werden kann.
Dabei stellte sich bei mir dann heraus, das die Aluplatte, wie schon weiter oben beschrieben, an der Kante durchbohrt war. Deswegen habe ich mit von einem Schlosser eine neue Platte aus Edelstahl anfertigen lassen.
4. Der Ausschnitt muss mit dem Multimaster geschäftet werden, damit ein sauberer und haftungsfähiger Rand für den neuen Laminataufbau am Ausschnitt entsteht.
5. Nun habe ich zunächst die neue Edelstahlträgerplatte an den Kanten leicht gerundet (sonst führt jedes Hebeln an der Relingsstange sofort zu Bruch an den Kanten) und dann das Gewindeloch mit Tesafilm zugeklebt. Danach wurde die Platte von mir in dünne Glasfasermatte und Epoxid eingewickelt. Nach dem Aushärten des Laminats habe ich überschüssiges Material weggeschliffen und die Oberfläche aufgerauht, um eine optimale Haftung beim Einlaminieren des Materials zu erreichen und dann das Laminat im Bereich des Gewindes wieder aufgebohrt und das Gewinde von Harzresten befreit.
6. Dann ging es an den Laminataufbau des komplett aufgeschnittenen Sülls. Zunächst habe ich zwei dünne Lagen auflaminiert und Aushärten lassen.
7. Danach habe ich (an Deck) ein erstes Mal die Konturen beigeschliffen. Von unten wurde ebenfalls geschliffen, damit die nachfolgenden Schichten optimal haften können. So wurden ca. 6-8 Lagen sowohl von oben als auch von unten aufgebaut.
8.Nachdem eine ausreichende Schichtdicke aufgebaut war, habe ich die Deckseite Mithilfe des Multimasters mit Dreieckschleiferaufsatz in seine Endkontur geschliffen. Dafür ist der Multimaster super geeignet. (siehe beigefügte Fotos der Kontur im rohen Zustand)
9. Nachdem die Kontur oben fertig war, habe ich ein passendes Loch für den Gewindebolzen der Relingstange ins neue Laminat gebohrt und von unten die Trägerplatte von einer zweiten Person in passende Position gebracht. Nun wurde ein erstes Mal die Trägerplatte mit dem Trägerbolzen verschraubt, um zu sehen, ob alles paßt.
10. Nun, es passte, so dass als nächstes nochmals alles aufgerauht wurde (zur besseren Haftung) und dann die Trägerplatte dick mit Epoxidspachtel einge"pappt" wurde. Ebenso habe ich es mit der Laminatunterseite im Salon gemacht. Dadurch wurde eine kraftschlüssige Verbindung erreicht ohne Spalten oder Hohlräume.
11. Als nächstes wurde der Bolzen mit der Trägerplatte fest verschraubt und die Relingsstange aufgesetzt, um zu prüfen, ob die Stange auch wirklich senkrecht steht, denn zu diesem Zewitpunkt war es ein letztes Mal möglich, dies zu justieren. Nachdem ich die Relingsstange wirklich senkrecht stehen hatte habe ich den Epoxidspachtel aushärten lassen.
12. Am nächsten Tag wurde alles wieder von unten beigeschliffen und nochmals ca 6-8 Lagen Laminat aufgebracht, so dass die Endstärke erreicht wurde.
13. Ein Letztes Beischleifen und Entfernen von Harznasen, dann konnte von unten im Salon das rausgetrennte Innenschalenstück mit zwei Punkten Montagekleber neu eingesetzt werden und anschliessend die Schwalbennester wieder an ihren Platz gebaut werden.
14. An Deck wurd der Trägerbolzen nochmals rausgeschraubt, denn die Gelcoatschicht musste natürlich noch aufgebracht werden. Ich habe damals Gelcoat bei Theo Kordt bestellt, es passte farblich perfekt. Das Gelcoat habe ich nach Vorschrift angerührt und mit einem dünnen Pinsel aufgetragen. Nach dem Aushärten habe ich es mit zunächst feinem Schleifpapier geglättet, danach mit 1000er Naßschleifpapier feinstgeschiffen. Zum Abschluss wurde mit einer Politur mit feinsten Schleifpartikeln poliert.
15. Den Relingsbolzen wieder reinschrauben, die Relingsstange wieder aufstecken und mit der Sichgerungsschraube festschrauben.

Das Ergebnis ist perfekt. Heute sieht man von der Reparatur so gut wie nichts mehr.
Der Relingshalter bewegt sich keinen Millimeter, er ist mit Abstand der festeste Halter am ganzen Boot.
Bei Bedarf kannst du mich anrufen. 02043-67408 ab 19.30 Uhr, oder dir das Ergebnis live und in Farbe anschauen. Du wohnst ja, soweit ich weiss, in Bochum, da ist Gladbeck nur ein Katzensprung entfernt.
Viele Grüsse
Uli
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Uli
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Uli »

Hallo,
hier weitere Bilder der Reparatur, leider kann ich pro Antwort nur 3 Bilder hochladen.
Gruss
Uli
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Relingshaltereparatur von unten 3.JPG
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Sauerländer
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Sauerländer »

Hallo Uli

Ich habe ein ähnliches Problem und werde Deine ausführliche Beschreibung sicherlich sehr gut gebrauchen können. Danke!
Ich habe bei der Besichtigung der zum Verkauf stehenden Dehlya 22 'Catweazle' ein interessantes Detail entdeckt, ich
denke diese Verstärkung der Relingstützen ist sehr sinnvoll.


Gruß

Ulrich
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sailhawk
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von sailhawk »

Hallo Uli,

deine Antworten sind wie immer super detailiert und hilfreich!

VIELEN DANK! <img src="{SMILIES_PATH}/icon_e_biggrin.gif" alt=":D" title="
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Uli
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Uli »

Hallo,
wenn du halbwegs handwerklich veranlagt bist, macht es Sinn, es selbst zu machen, weil die Geschichte personalkostenintensiv ist.

Viele Grüsse
Uli
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Ventix
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Registriert: Montag 2. November 2009, 11:21
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Ventix »

Hallo sailhawk,
Hallo Uli,

wenn es sich bei den Rissen bei der Relingsstütze lediglich um kleinere Haarrisse handelt, würde ich die Risse nur versiegeln (z.B. mit Capt. Tolley´s Dichtmittel), so dass keine weitere Feuchtigkeit ins Laminat eindringen kann.

Wenn die Relingsstütze aber wirklich ausgebrochen ist, dann ist die Erneuerung 1. Wahl, so wie es Uli super beschrieben hat.

Mein Tipp: Auch ich habe für meine Reparaturen am Gfk, Schneiden von kleinen Öffnungen, Entfernen von altem Sikaflex und zum Pollieren etc. einen Mutimaster im Einsatz - und ich kann nur sagen: es ist wohl das beste Wekzeug, welches ich jemals für meine Arbeiten am Boot hatte.

Grüße
Ventix
Beste Grüße

Ventix
NiklasSorpe
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Registriert: Donnerstag 13. Juni 2013, 21:01

Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von NiklasSorpe »

Hallo,

hat jemand von euch Verstärkung ähnlich der obigen an den Relingsstützen montiert?

Wenn ja gibt es da weitere Fotos zu?

Leider wird das Schiff doch schnell am Steg von "unwissenden" an den Reelingsstützen aufgestoppt, oder diese werden beim Segeln ungewollt stark belastet.
Bevor ich jetzt nach und nach alle Stellen repariere würde ich gerne vorbeugend eine Stütze installieren.


Gruß

Niklas
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silverchregu
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von silverchregu »

Hallo Niklas

Ich rufe auch jedes Mal "Pfoten weg von den Rehlingsstützen" wenn ein Boot anlegen will. Ist auch eine wirklich schlechte Idee das Boot daran zu halten... Wanten, Klampen oder wenigstens ganz unten bei den Stützen. Bugkorb ist egal.
Zu den Verstärkungen: In unserem Hafen liegt jetzt eine Bente. Die hat auch identisch verstärkte Stützen. Hab Google bemüht aber leider nichts gefunden. Wäre toll wenn es bald solche Stützen geben würde die man einfach über den Zapfen stecken könnte und zusätzlich die Verstrebung verschrauben. Würde ich mir dann auch überlegen.

Nachtrag: Auch die VA18 hats: http://www.varianta-18.de/index.cfm/nav ... d/210.html
Zitat Bobby Schenk: "Erst der Skipper macht das Schiff!"
Sauerländer
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Re: Relingsstütze ausgebrochen

Beitrag von Sauerländer »

Hallo Niklas

Das Bild war von mir, ich habe mir in Freinohl an meine Stützen die Verstrebungen der VA18 anschweißen lassen.
Die Firma liegt zwischen der SQ Werft und Weber Yachttextil. Die stellen (oder stellten) auch die Relingstützen für die VA18 her.
Ich liege in der Natobucht, die Dehlya 22 ,MORLIX, mit blauem Streifen und blauer Sprayhood.

Gruß
Ulrich
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