Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

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donnie
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Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von donnie »

Hallo zusammen,

ich bin soeben über den folgenden Breitrag in unserem Forum gestolpert und dachte mir, zu diesem Thema mache ich mal ein separates Thema auf: viewtopic.php?f=5&t=3026

Ich selbst war auch längere Zeit auf der Suche nach einem Klappruder, da ich auf einem Binnenrevier unterwegs bin und zum Ende der Saison mit dem Festruder nicht mehr bis zum Kran komme. Da gebrauchte Klappruder leider sehr selten und wenn, dann zu recht "spannenden" Preisen verkauft werden, hatte ich mal den Preis für ein neues Klappruder eingeholt (seither steht der Preis auch auf der Seite vom D-Marina Team).
Schlussendlich habe ich mich aber für das Teleskopruder entschieden, da es preislich kein unterschied gemacht hat. Ich bin also seit mitte letzten Jahres mit dem Teleskopruder aus dem Dehlya Refit der Yacht unterweg & möchte mit euch meine Erfahrungen mit del Teleskopruder teilen:

Die Qualität des Teleskopruders, welches von der Davids Werft gefertigt wird, sucht wirklich seines gleichen - ist aber bei dem Preis auch (zumindest aus meiner Sicht) erwartbar.
Teleskopruder 1.jpg
Teleskopruder 2.jpg
Da meine Dehlya bereits im Wasser lag, habe ich einfach den Ruderkasten herausgezogen, die mitgelieferten Ruderlager verbaut, Teleskopruder montiert und wollte nun das Ruder wieder in der Dehlya versenken, aber so einfach ging es leider nicht. Das Teleskopruder basiert auf dem originalen Festruder der Dehlyas - damit es nun Teleskopierbarkeit bei gleichzeitiger Stabilität gegeben ist, wurde der obere Teil um etwa 3mm rundrum verbreitert. Diese Verbreiterung passte nun nicht mehr in die vorhandene Aussparung.
Da 2 Tage später eine Regatta stattfand gab es nur einen weg: Ab zum Vereinskran & raus aus dem Wasser. Den Ausschnit mittels Oszillationssäge zu verbreitern und die frischen Schnitte mit Epoxy zu versiegeln ging dann ruck zuck von der Hand (da es schnell gehen musste, habe ich leider keine Fotos gemacht).

Sicherlich kann man sich die Verbreiterung des Ausschnitts auch sparen, wenn man auf die herausnehmbare Ruderkassette verzichten kann. Dies hatte mir jedoch schon häufiger gute Dienste geleistet, wenn mal wieder so viel Kraut am Faltpropeller hing, dass der Inneboarder keinen Vortieb mehr lieferte. Ruderkasette raus & mit dem Arm die Ecke gelangt.

Die Feuertaufe des Teleskopruders war dann die darauf folgende Regatta bei 3-4 Bft. Am Wind verhält es sich 1 zu 1, wie das originale Festruder - auf dem Vorwindschenkel ging dann der Kiel hoch - meine Dehlya fuhr zu den vergleichbar schnellen Booten mit. Also was macht man auf einer Regatta - Teleskopruder hoch und wir nahm noch etwas mehr Fahrt auf, was uns eine Überlappung und Innenposition an der nächsten Tonne beschert hat.

Fazit nach der Regatta: Das Teleskopruder hält und lässt sich wunderbar einfach (auch in Fahrt) teleskopieren und mittels des Schnellverschlusses gegen herunterrutschen sichern. Einziger Nachteil ist die Pinne, die bei aufgeholten Ruderblatt auf Kopfhöhe hängt.

Im weiteren Verlauf der Segelsaison konnten wir nun auch in flacheren und ruhigeren Ecken des Reviers ankern & mit trockenem Hintern an Land gehen, was wir auch ausgiebig genutzt haben. Auch das Motoren mit aufgeholten Ruderblatt funktioniert dank Innenboarder wunderbar.
Des Weiteren gab es keinerlei Probleme mit dem Ruder und auch im Winterlager konnten keine Risse/Haarrisse im Laminat oder anderweitige Beschädigungen des Ruders festgestellt werden.

Das einzig, wirklich nervige war die in der Luft hängende Pinne bei aufgeholtem Ruderblatt, aber das muss ja besser gehen - also wurde kurzerhand eine Zeichnung für eine neue Pinnenaufnahme gezeichnet, welche an der äusseren Welle ansetzt und somit die Pinne bei aufgeholtem Ruder an Ort und Stelle verbleibt. Da durch die neue Konstruktion die Pinne etwas nach vorne gewandert ist und die alte Pinne vom Voreigner in den Pinnenbeschlag einlaminiert wurde so, dass ich diese nicht mehr daraus unbeschadet lösen konnte, kam Uli ins Spiel, der mir eine fantastische, neue Pinne auf Maß gebaut hat.
Pinnenbeschlag Teleskopruder 1.jpg
Pinnenbeschlag Teleskopruder 2.jpg
im Wasser.jpg
Mit der neuen Konstruktion war ich in dieser Saison nun schon einige male unterwegs und bin absolut begeistert. Für mich hat sich die Anschaffung von daher gelohnt und ich bin rundum zufrieden auch, wenn das Teleskopruder nicht so, wie das Klappruder weg klappt, wenn es zu Flach wird, aber beim Segeln ist der Kiel ja i.d.R. unten und das Ruderblatt wird erst getroffen, wenn der Kiel über mehr, als die hälfte angehoben wurde. In diesen Momenten kann man dann auch das Teleskopruder entsprechend in der Höhe variieren und unter Motor (im Falle eines IB's) komplett hoch ziehen.

Handbreit, Kai
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Uli
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von Uli »

Hallo Kai,
tolle Lösung und ..... tolle Pinne. ;)

Viele Grüsse
Uli
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kabel69
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von kabel69 »

Hallo Kai,

das mit dem Ruder hochziehen bei einer Regatta finde ich ja clever. ;) Da könnte man ja mit dem Kiel auch noch ein bisschen nachhelfen... Geht ja bei dir auch auf Knopfdruck oder vielleicht sogar schon per Sprachsteuerung?

Was mich interessiert - streichst du das Ruder mit einem AF ein oder hat das Ruder beim einziehen mal geklemmt (z.B. wegen Pocken)? Stimmt das Teleskopruder bei dem Außenmaßen mit dem originalen Festruder überein (Tiefgang, Profil)?

Gruß, Gerald
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donnie
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von donnie »

Moin Gerald,

der Kiel war auf Vorwindkurs natürlich auch ganz oben. Hab für die Vorschoter ein altes Smartphone unter der Sprayhood, worüber sich der Hubkiel dann bedienen lässt. (Auf dem einen Bild, neben dem Gashebel, ist aber auch die Hubkielsteuerung per Knöpfen mit 4 LED's als Statusanzeige zu sehen)

Das Teleskopruder ist mit einem harten AF angestrichen so, dass darauf kein harter Bewuchs drauf war. Pocken habe ich in meinem Revier nie am Schiff - von daher kann ich dazu nichts sagen, aber geklemmt hat es nie.

Zu den Maßen:
Das Profil und der Tiefgang sind identisch zu dem Festruder. Der untere, bewegliche/teleskopierbare Teil ist ein 1-zu-1 Abbild des Festruders, da dies in einer Negativform des Festruders gefertigt wurde. Der obere Teil wurde dann auf dem originalen Festruder, also auf der Positivform abgeformt so, dass dieses Teil um die Laminatstärke größer ist (ca. 3mm Rundrum). Die Fertigung ist aber auch sehr schön beim Yacht Refitvideo erklärt: https://youtu.be/uQ7MhxV3CKk

Handbreit, Kai
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Ventix
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von Ventix »

Danke für deinen interessanten Bericht.
Beste Grüße

Ventix
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Tommes
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von Tommes »

Hallo Kai,

das Ruder hat mich bei dem ganzen Refit-Projekt der Yacht am meisten fasziniert. Ich hätte gedacht, dass zwar die Achse, weil doppelt, durchgehend 50 mm geworden ist und deswegen beide Lager im Koker entsprechend gleich groß geworden sind. Aber wenn ich Dich richtig verstehe, ist der Koker selbst, der in die Aussparung im Cockpitboden gesetzt wird, breiter geworden, hat sich also verformt? Du musstest also die Aussparung vergrößern?

Ahoi, Thomas
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donnie
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von donnie »

Hallo Thomas,

Der Ruderkoker, also die Axhse des Rüdersdorf ist größer geworden, aber dafür wurden 2 neue Lager mitgeliefert, um die alten auszutauschen. Danach passt der Ruderkoker in die herausnehmbare Ruderkassette.
Bis dahin war es von der Arbeit her also genau so, wie beim Austausch von verschlissenen Ruderkoker-Lagern.
Die Überraschung kam, als ich das Ruder von der Plicht aus wieder einsetzen wollte.
Der obere Teil des Teleskopruderblatts ist etwas Dicker, als das originale Festruderblatt. Daher passte es nicht mehr von oben durch die werksseitig Aussparung im Rumpf.

Habe leider keine Fotos dazu, die es verdeutlichen, was ich meine...

Handbreit, Kai
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Tommes
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von Tommes »

Hallo Kai,

ich glaube, ich verstehe, das neue Ruderblatt ist breiter, als das alte, und breiter, als die Kassette und die Öffnung im Rumpf? Also hast Du den Flansch, wo Rumpf und senkrechte Wand der Ruderkassettenaufnahme horizontal zusammentreffen, etwas wegschleifen müssen? Das alte Ruderblatt entsprach ja ca. einem NACA 0012 Profil, was das innere, untere Teil wahrscheinlich immer noch tut, weil es ein Abdruck des alten Ruders im unteren Bereich ist, wenn ich den Yacht-Artikel richtig in Erinnerung habe? Jetzt trägt der obere, hohle Teil vermutlich durch die notwendige Wandstärke mehr auf, als das alte Ruder im oberen Bereich dick war und wird somit so dick, dass er nicht ohne weiteres durch die Öffnung passt? Ich hoffe, Du musstest nicht zu viel vom Flansch wegnehmen?

Finde die Idee mit dem Teleskopruder einfach großartig, auch cool, dass Du vor dem Wind Kiel und Ruder hochziehst, das kennt man ja sonst nur von ambitionierten Jollenseglern, Respekt!

Hast Du mal ausprobiert, wieviel Ruderwirkung Du noch mit hochgezogenem Ruder hast? Ich möchte nämlich dieses Frühjahr in Friesland binnen segeln, die Wassertiefen sind oft um einen Meter, deswegen experimentiere ich gerade mit einem kürzeren Festruder. Dazu modifiziere ich ein altes Ruder von einem ganz anderen Boot, das mein Stegnachbar mir geschenkt hat. Bei 80 cm Länge statt der originalen 100 cm meine ich, dass der maximale Krängungswinkel schon ca. 5° abgenommen hat, bevor ich den Sonnenschuss nicht mehr vermeiden kann (was ja logisch ist..). Würde eigentlich gerne auf 60 cm kommen, was dann eine Tiefgang des Ruders von ca. 75..80 cm entspricht, je nach dem, wie gut ich gegessen habe.. :)

Bin gespannt auf Dein Urteil!

Ahoi, Thomas
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donnie
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von donnie »

Moin Thomas,
ich glaube, ich verstehe, das neue Ruderblatt ist breiter, als das alte, und breiter, als die Kassette und die Öffnung im Rumpf? Also hast Du den Flansch, wo Rumpf und senkrechte Wand der Ruderkassettenaufnahme horizontal zusammentreffen, etwas wegschleifen müssen? Das alte Ruderblatt entsprach ja ca. einem NACA 0012 Profil, was das innere, untere Teil wahrscheinlich immer noch tut, weil es ein Abdruck des alten Ruders im unteren Bereich ist, wenn ich den Yacht-Artikel richtig in Erinnerung habe? Jetzt trägt der obere, hohle Teil vermutlich durch die notwendige Wandstärke mehr auf, als das alte Ruder im oberen Bereich dick war und wird somit so dick, dass er nicht ohne weiteres durch die Öffnung passt?
Genau so war es. Rundum waren es ca. 2-3mm, die weg mussten. Im Winterlager habe ich dann die Ruderkasette unten angeschliffen und mit angedickten Epoxy den entstandenen Spalt von unten wieder aufgefüllt, geschliffen, geprimert und AF rauf. (Der Rumpf wurde mit einem Trennschrichtmittel bestrichen, damit das Epoxy auch nur an der Ruderkasette haftet.) Nun sieht man davon so gut wie gar nix mehr und die Ruderkasette hat kein seitliches Spiel - ist aber weiterhin herausnehmbar.
Finde die Idee mit dem Teleskopruder einfach großartig, auch cool, dass Du vor dem Wind Kiel und Ruder hochziehst, das kennt man ja sonst nur von ambitionierten Jollenseglern, Respekt!
Bin auch viele Jahre Jolle gesegelt - auf Regatta schleichen sich die alten Gewohnheiten dann wieder ein :D


Ich bin mal vom Ankerplatz losgesegelt und hatte vergessen das Ruderblatt runter zu schieben. Bei 2Bft ist mir das hochgezogene Ruderblatt eher durch Zufall aufgefallen - bei mehr Wind und bewusst habe ich es aber noch nie getestet.
Am Steinhuder Meer gibt es ja auch einige Einschränkungen, was den Tiefgang angeht. Die Firma FSA Segelsport bietet dort sogar die Kürzung des originalen Festruders um 20cm an (siehe: https://www.segelsport-fsa.de/index.cfm ... d/397.html).
Ich meine hier im Forum gelesen zu haben, dass man das am Wind schon merkt, aber noch vertretbar ist. Das Ruderblatt noch weiter zu kürzen wird - zumindest aus meiner Sicht - nur gehen, wenn die Wegnenommene Fläche hinten wieder ran kommt. Mir schwirren da gerade Bilder der Sunbeam 25 KS und 27 KS Ruderblätter im Kopf rum - kann aber auf die Schnelle keine Fotos im Internet davon finden.
Dort ist das Ruderblatt recht kurz - dafür aber nach achtern deutlich länger. Die Sunbeams fahren aber auch weniger höhe am Wind, als unsere Dehlyas....

Handbreit, Kai
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Tommes
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Re: Erfahrungen mit dem Teleskopruder Yacht Refit

Beitrag von Tommes »

Hallo Kai,

dann hast Du also mit dem Auffüllen des Spaltes sowohl Dein Unterwasserschiff strömungstechnisch als auch kräftetechnisch wieder ins Optimum gebracht, sehr schön!

Wenn ich es richtig verstanden habe, findet die Übertragung der Drehbewegung von Unter- und Oberteil durch den Formschluss der beiden Teile selbst statt? Es gibt keine weitere Arretierung der inneren und äußeren Welle zueinander?
Das Ruder ist ja nach unten schmaler zulaufend, gibt es also nur Formschluss, wenn es ganz ausgefahren ist, oder kannst Du das Ruder in jeder Höhe fahren, ohne dass es klappert?
Mich interessiert natürlich, ob ich den Tiefgang damit „stufenlos“ einstellen kann, oder ob es nur zwei sinnvolle Positionen gibt?

Finde übrigens auch, dass man mit dem Teleskopruder deutlich mehr fürs gleiche Geld bekommt, wie mit dem Klappruder..

Ahoi, Thomas
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